Vorsorgevollmacht
Was ist eine Vorsorgevollmacht?
- Eine Vollmacht ist eine durch Rechtsgeschäft (nicht gesetzlich) erteilte Vertretungsmacht.
- Sie wird durch Erklärung des Vollmachtgebers gegenüber dem Bevollmächtigten erteilt.
- Wie jedes Rechtsgeschäft setzt die Vollmachterteilung Geschäftsfähigkeit voraus.
- Die Vollmacht legt den Bereich fest, in welchem der Bevollmächtigte rechtlich für den Vollmachtgeber handeln kann.
- Zu unterscheiden sind Außenverhältnis (Umfang und Bereich der Vollmacht) und Innenverhältnis (Handlungsanweisungen an den Bevollmächtigten, z.B. innerhalb eines Briefes oder einer Patientenverfügung).
Welche Form muss die Vorsorgevollmacht haben?
- Schriftlich, nicht notwendigerweise handschriftlich, aber Unterschrift, Ort und Datum dürfen nicht fehlen.
- Vollmacht kann auch individuell formuliert werden, aber Gefahr des Vergessens wichtiger Bereiche ; falls Regelungslücken bleiben, wird eine Betreuerbestellung erforderlich.
- Vordrucke können verwendet werden, zu beziehen z.B. über Justizministerium Baden-Württbmberg www.justiz-bw.de.
Wann muss eine Vorsorgevollmacht beim Notar errichtet werden?
- notarielle Form ist nur erforderlich, wenn die Vollmacht zum Erwerb oder zur Veräußerung von Grundstücken oder
- zur Darlehensaufnahme berechtigen soll und wenn vom Vollmachtgeber ein
- Handelsgewerbe betrieben wird oder wenn der Vollmachtgeber
- Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft ist, ferner wenn die
- Vollmacht zur Erklärung einer Erbausschlagung gelten soll.
Wann wird eine Vollmacht zur Vorsorgevollmacht?
Eine Vorsorgevollmacht, die den Zweck hat, im Notfall eine Betreuerbestellung entbehrlich zu machen, muss ausdrücklich regeln, dass der Bevollmächtigte
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- einer ärztlichen Untersuchung,
- einer Heilbehandlung oder einem
- medizinischen Eingriff zustimmen kann, wenn hierbei
- Lebensgefahr besteht (z.B. bei einer Herzoperation) oder ein
- schwerer, länger andauernder Gesundheitsschaden zu erwarten ist (z.B. bei einer Amputation).
- Der Bevollmächtigte muss auch ermächtigt sein, solche Maßnahmen zu verweigern oder eine entsprechende Einwilligung zu widerrufen, insbesondere soll er
- der Unterlassung oder Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen zustimmen dürfen (z.B. Magensonde).
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- Der Bevollmächtigte muss auch ermächtigt sein, solche Maßnahmen zu verweigern oder eine entsprechende Einwilligung zu widerrufen, insbesondere soll er
- der Unterlassung oder Beendigung lebensverlängernder Maßnahmen zustimmen dürfen (z.B. Magensonde).
- Der Bevollmächtigte soll in eine Organspende einwilligen können.
Kann der Bevollmächtigte alle Entscheidungen allein treffen?
- Bei Entscheidungen über ärztliche Behandlungen wie oben unter Ziffer 1 dargestellt, braucht ein Bevollmächtigter die Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn er sich mit dem behandelnden Arzt nicht über den Willen des Patienten einigen kann. Hierfür ich eine Patientenverfügung unentbehrlich.
- Bei Entscheidungen über freiheitsentziehende Maßnahmen benötigt der Bevollmächtigte genauso wie ein Betreuer die Genehmigung des Betreuungsgerichts.
Wo soll eine Vorsorgevollmacht aufbewahrt werden?
- Aufbewahrung der Vorsorgevollmacht an einem Ort, der dem Bevollmächtigten bekannt und im Notfall zugänglich ist oder
- sofortige Aushändigung an den Bevollmächtigten mit der Maßgabe, nur im Notfall von der Vollmacht Gebrauch zu machen (bei Missbrauch Widerruf und Schadensersatz) oder
- Übergabe der Vorsorgevollmacht an eine andere Vertrauensperson mit der Maßgabe, die Vollmacht dem Bevollmächtigten im Notfall auszuhändigen.
Kann eine Vorsorgevollmacht registriert werden?
- Eine gebührenpflichtige Registrierung ist möglich beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer möglich www.vorsorgeregister.de
- Zugriff auf das Zentrale Vorsorgeregister hat das Betreuungsgericht. Wenn erine gültige Vorsorgevollmacht vorliegt, bestellt das Betreuungsgericht insoweit keinen Betreuer.
Welche Sicherheit bietet eine Vorsorgevollmacht?
- Im Umfang der Vorsorgevollmacht wird das Betreuungsgericht keinen Betreuer einsetzen, wenn die Vorsorgevollmacht widerspruchsfrei und wirksam ist und wenn
- der Bevollmächtigte zur Übernahme seiner Verpflichtungen willens und in der Lage ist.
- Wenn der Bevollmächtigte ausfällt, wird die gerichtliche Bestellung eines Betreuers erforderlich.
Welche Risiken birgt eine Vorsorgevollmacht?
- Vorsorgevollmacht muss ab sofort gelten, um Handlungsfähigkeit des Bevollmächtigten im Notfall sicher zu stellen.
- Keinesfalls dürfen Zweifel an der Wirksamkeit bleiben: „Die Vorsorgevollmacht soll gelten, wenn ich selbst nicht mehr in der Lage bin…“ lässt ungeklärt, ob diese Voraussetzung eingetreten ist und wer berufen ist, das Vorliegen der Voraussetzung zu prüfen.
- Über den Tod hinaus gilt die Vorsorgevollmacht nur, wenn dies ausdrücklich geregelt ist; falls es nicht geregelt wird, erlischt die Vorsorgevollmacht mit dem Tod, so dass bei Einsatz der Vorsorgevollmacht im Rechtsverkehr eine „Lebensbescheinigung“ verlangt werden kann.
- Bei Güligkeit der Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus kann der Bevollmächtigte Angelegenheiten in Zusammenhang mit der Beerdigung oder Wohnungsauflösung etc. regeln, bevor die Erben das Erbe angenommen haben (Ausschlagungsfrist beträgt sechs Wochen).
- Ein Missbrauch der Vorsogevollmacht durch den Bevollmächtigten kann nicht ausgeschlossen werden.
- Vertrauen in den Bevollmächtigten ist wichtigste Voraussetzung.
- Je nach Aufgabekreis sind Angehörige in der kronkreten Notsituation mit der Umsetzung der ihnen im Rahmen der Vollmachtsertielung übertragenen Aufgaben möglicherweise überfordert.
- Anders als ein gerichtlich bestellter Betreuer wird der Bevollmächtigte nicht durch das Betreuungsgericht kontrolliert.
Was ist ein Kontrollbetreuer?
- Das Betreuungsgericht kann bei Vorliegen eines entsprechenden Anlasses für einen Bevollmächtigten einen Kontrollbetreuer bestellen.
- Ein Kontrollbetreuer hat die Aufgabe, den Bevollmächtigten zu überwachen.
- Der Kontrollbetreuer kann die Vorsorgevollmacht nötigenfalls widerrufen; es wird eine gerichtliche Betreuerbestellung erforderlich, wenn Bevollmächtigter hierdurch wegfällt.
Welche Handlungsanweisungen braucht der Bevollmächtigte?
- Auftrag für Rechtsgeschäfte
- Der Bevollmächtigte muss die Wünsche und Wertvorstellungen des Vollmachtgebers kennen.
- Es muss geklärt werden, ob der Bevollmächtigte unentgeltlich handelt, oder ob er sich eine Vergütung auszahlen kann
- Patientenverfügung
Wer soll bevollmächtigt werden?
- Es können eine oder mehrere Vertrauensperson/en bevollmächtigt werden.
- keine gemeinsame Vertretung: Es sollte vermieden werden, dass mehrere Bevollmächtigte im Außenverhältnis nur gemeinsam wirksam für den Vollmachtgeber handeln können; das führt zur Handlungsunfähigkeit, wenn ein Bevollmächtigter ausfällt → Betreuerbestellung erforderlich
- Auch wenn mehrere Personen uneingeschränkt bevollmächtigt werden, kann sich dies zum möglicherweise Nachteil des Bevollmächtigten auswirken, wenn die Vollmachtnehmer unterschiedlicher Auffassung sind und gegensätzlich agieren.
- Für den Fall, dass der Bevollmächtigte ausfällt, kann eine Ersatzperson bevollmächtigt werden → Betreuerbestellung erforderlich, wenn Ersatzbetreuer ausfällt.
- Die Vollmacht für den Ersatzbevollmächtigten muss unbeschränkt erteilt werden. Wenn der Geschäftspartner erst prüfen muss, ob der Hauptbevollmächtigte handlungsunfähig ist, sind die Interessen des Vollmachtgebers nicht gewahrt.
- Es kann auch Untervollmacht erteilt werden: Im Falle seiner Verhinderung kann der Bevollmächtigte einen anderen bevollmächtigen, der seine Pflichten gegenüber dem Vollmachtgeber übernimmt → Betreuerbestellung erforderlich, wenn Bevollmächtigter ausfällt, bevor er Untervollmacht erteilen kann.
- Es können verschiedene Bevollmächtigte mit verschiedenen Aufgabenkreisen eingesetzt werden: der Ehepartner für die Rechtsgeschäfte,
- eine nahe stehende Person für die Gesundheitsfürsorge / Durchsetzung der Patientenverfügung.
- Kinder sind mit der Durchsetzung einer Patientenverfügung möglicherweise überfordert ,besonders wenn es um den Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen geht → wenn niemand geeignet erscheint, kann Vorsogevollmacht auf Rechtsgeschäfte beschränkt werden und mit einer Betreuungsverfügung auf eine evtl. erforderliche Betreuerbestellung Einfluss genommen werden.